Der Digitale Malkasten

Ein Projekt von Andreas Burmester, Stefanie Correll, Ursula Haller und Christoph Krekel – unterstützt von der Schoof'schen Stiftung und mit gebürendem fleiß gestellet unnd verfasst

Die Geburtsstunde des Digitalen Malkastens – als Sinnbild all dessen, was man zum Malen, zu Farbfassungen, als Klebemittel, für Raum- und Festdekorationen oder als Wandfarbe braucht – liegt in der Zeit hektischer Vorbereitungen zur Dürer-Ausstellung in der Neuen Pinakothek im Jahr 1998. Im Zusammenhang mit Forschungen zu Dürers Farben stellten sich Andreas Burmester und Christoph Krekel (damals beide Doerner Institut München) die Frage, von wo Dürer eigentlich seine Farben bezog? Eine banale Frage. Doch gerade banal erscheinende Fragen sind manchmal am schwierigsten zu beantworten.

Die Vorgeschichte

Machte Dürer seine Farben etwa selber? Müssen wir ihn uns vor dem Brennofen, vor Phiolen oder an der Leinölpresse vorstellen? Sicher nein, doch von wo bezog Dürer dann seine Farben? Maltechnische Quellentexte geben vereinzelte Hinweise darauf, dass man Farben in Apotheken kaufen konnte. Dabei entpuppte es sich als Glücksfall, dass jede Apotheke gezwungen war, die Preise der von ihr angebotenen Waren in Form von Preislisten, sogenannten Taxen, öffentlich zu machen. Doch entgegen der heutigen Roten Liste – dem Nachfolger all dieser Taxen –, schloss dies damals auch Waren des täglichen Bedarfs ein. Kerzen, Schnaps, Tee, kandierte Früchte, Seife, Zucker und … eben Farben!

Leipziger Taxe von 1669 (Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt – Sammlung Ponickau)

Die Frage also musste sein: Gibt es solche Preislisten noch? Christoph Krekel kam eines Tages mit der triumphalen Meldung, dass die Staatsbibliothek in München solche Listen in ihren unerschöpflichen Beständen hätte. Aus dieser aufregenden Entdeckung erwuchs das Münchner Taxenprojekt als ein Gemeinschaftsprojekt von Christoph Krekel (heute Akademie der Bildenden Künste Stuttgart) und Andreas Burmester (ehemaliger Direktor des Münchner Doerner Institutes). Später stieß Ursula Haller (heute Hochschule für Bildende Künste Dresden) hinzu. Wir "Taxler" hatten zusammen gute Zeiten: Inspirierend, ergiebig, viel Spaß.

Mit den Jahren erwuchs aus der banalen Frage nach Dürers Farben so ein Riesenprojekt. Aus wenigen Taxen wurden viele. Über Deutschland verstreut, in Bibliotheken und Archiven, Reisen war angesagt. Das Münchner Taxenprojekt – wie wir es damals nannten – widmete sich so seit Mitte der 1990er Jahre der wissenschaftlichen Erforschung, Erfassung und Edition aller greifbarer gedruckten Apothekentaxen zwischen 1553 und 1800. Beifang waren wenige handschriftliche Taxen, Inventarverzeichnisse oder umfangreiche Preislisten des 19. Jhs., also aus einer Zeit, in der schon ein spezialisierter Fachhandel Künstler mit Farben versorgte.

Die nach einer endgültigen Form suchenden Preislisten der 2. Hälfte des 16. Jhs., die ergiebigen Listen des 17. Jhs. und die weit strafferen Taxen des 18. Jhs. erschlossen uns eine nie erahnte Welt. Sie öffneten unsere Augen für Fragen des Handels. Plötzlich bewegten wir uns im Raum zwischen Prag und Stockholm, zwischen Aberdeen und Liegnitz, eben überall dort, wo deutsche Apotheker einmal tätig waren. Die in den Taxen gefundenen Informationen zu Pigmenten, Farbstoffen, Binde- und Klebemitteln sowie Hilfs- und Grundstoffen flossen über die Jahre in eine Microsoft Access Datenbank mit über 23.000 Einträgen (Stand 2004) ein.

Während des Sammelns begann das Erklären: Welche Chancen bieten diese Preislisten für die Technische Kunstgeschichte, die Pharmaziegeschichte und die Kulturgeschichte? Schnell wurde klar, dass das Vorhaben es uns erlauben würde, mit einer amtlichen Quelle zu belegen, was zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort verfügbar war. Zudem ergab sich eine Übersicht über die Preisentwicklung der einzelnen Waren. Das Aufkommen einzelner Waren wie Berlinerblau konnte mit Analysenbefunden in Verbindung gesetzt werden. Ebenso interessant erschien uns, wie die mundartlich geprägten historischen Bezeichnungen gewesen waren und wie die einzelnen Taxen in ihrer Genese zusammenhingen. Denn natürlich wurde auch hier abgeschrieben, übernommen, örtlich verändert, von einem Collegium Pharmaceuticum geprüft, nicht einmal unbedingt am Ort gedruckt und amtlich erlassen. Alles wohlgeordnet, überwacht, dem Kunden wie dem Apotheker sehr zu Nutzen, sehr deutsch!

Bautzener Taxe von 1660 (Universitäts- und Landesbibliothek Sachsen-Anhalt)

Manchem mochte die Arbeit an den Taxen allerdings fast so reizvoll wie das Abschreiben von Telefonbüchern erscheinen. Richtig! Spürbare Entlastung war die Unterstützung durch Andrea Obermeier, die uns beim Aufbau der Microsoft Access Datenbank für eine Weile unterstützte. Ware um Ware! So uninteressant der einzelne Eintrag erscheinen mochte, so ergab sich doch aus der Fülle ein Bild, das versprach, die Technische Kunstgeschichte substantiell zu bereichern. Neben die in den letzten Jahrzehnten vermehrt in den Blick geratenen technologischen Rezeptsammlungen und den klassischen analytischen Befund trat nun ein überaus wertvoller, neuer Quellentypus: Die Taxe, das Apothekeninventar, ein Preiscourant.

Reiche Ernte

Als Früchte unserer Arbeit erschienen seit 1998 bereits 17 wissenschaftliche Beiträge. Unsere Arbeit entwickelte so von Anbeginn an Breitenwirkung. Wie geschildert, waren es die Vorarbeiten für die große Münchner Dürer-Ausstellung 1998, die erstmals eine Schilderung der Welt der Dürerschen Farben aus dem Wissen der Zeit erlaubten. Aus dem Wissen der Zeit! Für die Freiheit, dieses Thema aus dieser leider immer noch ungewöhnlichen Perspektive zu entwickeln, sind Christoph Krekel und Andreas Burmester den Münchner Pinakotheken bis heute dankbar. Was für ein Privileg, sich einem scheinbar peripheren Thema in so ungewöhnlicher Weise zuzuwenden. Das Kabinett, das dann Dürers Farben aus dem Blickwinkel ihrer Zeit präsentierte, war entgegen mancher Erwartungen oft überfüllt. Besucher über Besucher, Wachheit und zunehmende Neugier. Und in einer Vitrine wenige Apothekentaxen im Original: Vermutlich fanden sie erstmals seit Jahrhunderten wieder die volle Aufmerksamkeit der Betrachter. Ein für ein Kunstmuseum bemerkenswerter Eintrag im Besucherbuch bündelte sinngemäß das damalige Lob und all das Staunen: „Warum habt ihr uns das so lange vorenthalten?“  

Andreas Burmester und Christoph Krekel, Von Dürers Farben, in: Gisela Goldberg, Bruno Heimberg und Martin Schawe (Hrsg.), Albrecht Dürer. Die Gemälde der Alten Pinakothek, München 1998, S. 54–101 Duerer_Pigmente_1998).

Andreas Burmester und Christoph Krekel, The Relationship between Albrecht Dürer’s Palette and Fifteenth/Sixteenth-Century Pharmacy Price Lists. The Use of Azurite and Ultramarine, in: Ashok Roy und Perry Smith (Hrsg.), Painting Techniques. History, Materials and Studio Practice, London 1998, S. 101–105 (Burmester_Krekel_Dublin_1998).

Die Entdeckung von Apothekentaxen als neuer Quelle für die Technische Kunstgeschichte musste eine Reihe von Publikationen nachziehen, die sich mit dem Typus, der Struktur, der Nomenklatur, der Rechtsstellung und der Stellung der Apotheke zwischen 1550 und 1800 befasste. All die pharmaziehistorischen Arbeiten der 1950/60er sowie aus den 1980er Jahren im Blick, die wichtige – aber natürlich auf die Pharmazie fokussierte – Einblicke in das Geschehen gaben, war festzustellen, dass die Rolle der oft einzigen Apotheke eines Ortes für die Versorgung mit Farben nur von wenigen Autoren gestreift worden war. Eine ernsthafte Auseinandersetzung fehlte bislang.      

Christoph Krekel und Andreas Burmester, Das Münchner Taxenprojekt. Apothekentaxen als neuer Quellentyp für die Erforschung historischer Künstlermaterialien, in: Restauro 107, 6/2001, S. 450–455 (Krekel_Burmester_Taxen_2001).

Andreas Burmester, Christoph Krekel und Ursula Haller, „Apothekentaxen als neuer Quellentyp für die Erforschung historischer Künstlermaterialien“, Kurzfassung des Vortrages in: Gerhard Schulze und Ingo Horn (Hrsg.), Jahrestagung des Arbeitskreises Archäometrie und Denkmalpflege, Dresden 20.–31.3.2000, S. 195 –197 (ISSN 0949-4057) (Burmester_et_al_Dresden_2000).

Christoph Krekel und Andreas Burmester, Pharmacy Price-Lists as a New Type of Documentary Source for Research into Historical Artists’ Materials. The Münchner Taxenprojekt, in: Jo Kirby (Hrsg.), Dyes in History and Archaeology 19, Edinburgh 2000, S. 32–36 (Krekel_Burmester_Edinburgh_2000).

Natürlich lag es nahe, sich einzelnen Waren zuzuwenden. Greifen wir Vitriol, Zinnober, Berggrün und Bleigelb heraus. Letztere nie gehört? Alle vier Beispiele machten deutlich, dass die Informationen aus den Taxen in Kombination mit Rezeptsammlungen, Reiseberichten und Einträgen in technologischen Lexika unser heutiges Bild, das wir von historischen Farben haben, grundlegend verschieben können.

Christoph Krekel, Andreas Burmester und Ursula Haller, Kurzmitteilungen aus dem Münchner Taxenprojekt: Vitriol, in Restauro 111, Heft 8 (2005), S. 562-565 (Krekel_Burmester_Haller_Vitriol_2005).

Laura Resenberg, Zinnober – zurück zu den Quellen, herausgegeben von Erwin Emmerling und Andreas Burmester, 115 S., München 2005.

Andreas Burmester, Ursula Haller und Christoph Krekel, Zinnober im Spiegel von Apothekenpreislisten, in: Laura Resenberg 2005 op. cit., hier S. 7 – 11 (Burmester_Zinnober_2005).

Andreas Burmester und Laura Resenberg, Von Berggrün, Schiefergrün und Steingrün aus Ungarn, in: Archäometrie und Denkmalpflege 2003, Jahrestagung im Ethnologischen Museum Berlin-Dahlem, Zusammenfassung der Vorträge und Poster, S. 183–185 (Burmester_Resenberg_2003).

Andreas Burmester und Laura Resenberg, Von Berggrün, Schiefergrün und Steingrün aus Ungarn, in: Restauro 109, Heft 3, 2003, S. 180–187 (Burmester_Berggruen_2003, in englischer Übersetzung Burmester_Resenberg_Berggruen_2003_engl).

Auch wenn die Primärquelle uns nicht zugänglich war, eröffneten lange zurückliegende pharmaziehistorische Arbeiten einen ganz neuen und unerwarteten Aspekt. Der fokussierte Blick auf eine Kolberger Apotheke des späten 16. Jhs. und ihren anstehenden Verkauf schenkte uns nicht nur eine Inventurliste und eine Auflistung der umfassenden Lagerbestände, sondern vor allem auch eine, im Hinblick auf den Verkauf präzise Schätzung und damit den Wert der angebotenen Waren. Am Rande sei angemerkt, dass diese Erfahrung erneut das heute gerne vermittelte Bild korrigiert, nur jüngere, begutachtete Publikationen seien eines Blickes oder gar eines Zitates wert.

Andreas Burmester, Ursula Haller und Christoph Krekel, The Munich Taxae Project: The Kolberg Inventory List of 1589, in: Mark Clarke, Joyce H. Townsend und Ad Stijnman (Hrsg.), Art of the Past, Sources and Reconstructions, London 2005, S. 44 – 48 (Burmester_et_al_Kolberg_2005).

Im Rahmen ihrer Promotion wurden von Ursula Haller Aufzeichnungen eines bayerischen Hofbeamten aus dem späten 16. Jh. ausgewertet, der als Materialverwalter des Hofes Künstler mit Farben, Bindemitteln und anderen Waren versorgte. Im Kontext des Projektes konnten aus den Taxen gewonnene Erkenntnisse in direkten Bezug zu Untersuchungen an Kunstwerken aus dem Umfeld des bayerischen Hofes gesetzt werden.

Ursula Haller, Das Einnahmen- und Ausgabenbuch des Wolfgang Pronner. Die Aufzeichnungen des „Verwalters der Malerei“ Herzog Wilhelms V. von Bayern als Quelle zu Herkunft, Handel und Verwendung von Künstlermaterialien im ausgehenden 16. Jahrhundert, Siegl: München 2005, in: W. Koenigs, N. Huse, E. Emmerling und W. Nerdinger (Hrsg.): Studien aus dem Institut für Baugeschichte, Kunstgeschichte und Restaurierung mit Architekturmuseum der Technischen Universität München, Bd. 2 (Haller_2005)

Ursula Haller, “Administrator of Painting”. The Purchase- and Distribution-Book of Wolf Pronner (1586–1590) as a Source for the History of Painting Materials, in: Jo Kirby, Susan Nash and Joanna Cannon, Trade in Artists’ Materials: Markets and Commerce in Europe to 1700, London 2010, S. 325-335 (Haller_Trade_2010).

Die umfangreichen Untersuchungen zu in der schlesischen Residenzstadt Liegnitz erschienenen Apothekentaxen richteten ihren Blick auf ihre einzige, im Schloss gelegene Apotheke. Die in einem separaten Colores Kapitel aufgeführten Farbmittel vermittelten uns ein so ganz anderes Bild, als uns die moderne Analytik glauben lassen will:

Andreas Burmester, Ursula Haller und Christoph Krekel, Pigmenta et Colores: The Artist’s Palette in Pharmacy Price Lists from Liegnitz (Silesia), in: Jo Kirby, Susan Nash and Joanna Cannon, Trade in Artists’ Materials: Markets and Commerce in Europe to 1700, Archetype London 2010 (ISBN 9781904982258), S. 314-324 (Burmester_Liegnitz_2010).

Als einen weiteren Glücksfall muss man die Arbeiten zum Würzburger Materialisten Carl Venino und dessen Verbindung zum dort Mitte des 18. Jhs. in der fürstlichen Residenz tätigen Tiepolo und seiner Werkstatt bezeichnen. Die Dissertation von Stefanie Correll bescherte uns nicht nur den Nachweis, dass Tiepolo seine Farben von diesem in Würzburg ansässigen Landsmann, dem Materialisten Carl Venino, bezog, sondern fügte den Taxen an die Hundert Preislisten von Materialisten – einem Art Großhändler, der wiederum Apotheken belieferte – hinzu. Spätestens durch diese Arbeit richtete sich der Blick auf die Materialisten: Ihr über ganz Europa reichendes Netzwerk belegt eine weitere Ebene im Handel mit Farben und vielen anderen Waren.

Stefanie Correll, Der Farbwarenhandel um 1800 – die Würzburger Kaufleute Venino, Dissertation Technische Universität München 2011 (Dissertation_Correll_Venino). 

Andreas Burmester, 72 Florin für Farben, Weiß und Leim: Die Tiepolos, die Veninos und Würzburg, in: Stefanie Correll, Der Farbwarenhandel um 1800 – die Würzburger Kaufleute Venino, Dissertation Technische Universität München 2011, hier S. 9-24 (Dissertation_Correll_Venino).

Andreas Burmester and Stefanie Correll, 72 Florin for colours, white and glue: The Tiepolos, the Veninos and Würzburg, in: Helen Evans und Kimberley Muir (Hrsg.), Studying 18th Century Paintings and Works of Art on Paper, Archetype Publications London 2015, hier S. 58-69 (Burmester_Tiepolo_2015).

“Worzue drittens er auch verbunden, und gehalten ist, alles erforderliche: gold, farben, vierneiß, und was immer materialien zur fassung, und vergoldung | dieser beeder altären nottwendig auf seine eigenene kösten beÿzuschaffen.” Diese Regelung, in einem Vertrag mit Georg Caspar Zellner aus dem Jahr 1768 über die Fassung des Briccius- und des Johannes-Altares in der Alten Kapelle in Regensburg festgehalten, wirft die Frage auf, welche konkreten Bezugsmöglichkeiten für Blattmetalle, Farben und Firnisse im Regensburg des 18. Jhs. bestanden. In ihrer, von Andreas Burmester unterstützten Masterarbeit (Betreuung Dr. A.R. Arjan de Koomen, Universiteit van Amsterdam) untersucht Caroline Kirmer exemplarisch eine Handvoll von Dokumenten aus Regensburger Archiven. Neben unsere Taxe Regensburg 1727 treten eine Verordnung von 1714 (Verkäufe durch Materialisten nicht unter drei Loth), eine Rechnung anlässlich der Überarbeitung der Alten Kapelle von 1752 und vor allem ein im Zusammenhang mit der Übernahme des Materialisten Albrecht Franz Braunold durch Michael Friedrich Stoll erstelltes Inventarium aus dem Jahr 1808.

Caroline Kirmer, The Market of Art Materials in 18th-Century Regensburg: Investigating the Professions Involved in the Trade and Sale of Artists’ Supplies, Masterarbeit Universiteit van Amsterdam 2023, 73 S.

Ein Neuanfang

Könnte man hiermit nicht zufrieden sein? Eigentlich schon! Was allerdings schmerzte, war, dass es uns nicht gelungen war, unsere riesige Datensammlung zu vervollständigen und öffentlich zu machen. Frei suchbar und weltweit für jeden Kunsttechnologen zugänglich! Möglichenfalls waren diese hehren Ziele zu hoch gesteckt, es kam auf jeden Fall bis 2021 nie dazu! Doch seit Oktober 2021 unterstützt uns die Schoof’sche Stiftung, die die Finanzierung der Webseite und anderer Sachkosten übernimmt. Mit dieser großzügigen Unterstützung im Rücken griff Andreas Burmester das Münchner Taxenprojekt wieder auf. Der Digitale Malkasten wurde neu bestückt. Ziel war und ist ein Webinterface, das die redaktionell überarbeiteten Daten zahlreicher Taxen, Inventare und Preiscourants Liste um Liste öffentlich machen soll. Jede für sich und alle zusammen Stoff für weitere wissenschaftliche Arbeiten, für die Lehre wie auch insbesondere studentische Abschlussarbeiten.

Vor manchem Erfolg stehen Veränderungen an, personeller wie inhaltlicher Art, stehen Rückblick, Neubewertung und steigende Lust, das Thema gänzlich neu aufzurollen. Jüngster Zuwachs unserer Arbeitsgruppe ist Stefanie Correll (Bayerische Schlösserverwaltung München), die beabsichtigt, dem Projekt zahlreiche Daten von Preiscourants zwischen 1780 und 1810 beizusteuern – also für eine Zeit, in der die Rolle der Apotheke bei der Versorgung mit Farben, Bindemittel und all dem, nach was wir suchen, im Schwinden war. 

Wiener Taxe von 1692 (Sächsische Landesbibliothek Staats- und Universitätsbibliothek Dresden)

Die Digitalisierungskampagnen der letzten Jahrzehnte halfen unserem Neuanfang auf die Füße: Zahlreiche gedruckte Taxen liegen heute digitalisiert vor. Insbesondere die staatlichen Universitäts- und Landesbibliotheken haben hier unglaubliche Arbeit geleistet, durch die das analoge Projekt zum digitalen wurde. Was lag deshalb näher, als das Projekt zuerst einmal auf digitalisierte Taxen (rund 180, zusätzliche 40 warten geduldig darauf, in ein dienliches Digitalisat verwandelt zu werden) und auf wenige handschriftliche Inventare (sehr interessant!) zu beschränken. An einer Erweiterung um Preiscourants (derzeit rund 100 mit zusätzlichen 6.000 Datensätzen) wird gearbeitet. Nach heutigem Bearbeitungsstand zeichnen rund 33.000 Datensätze aus rund 200 Listen (Stand 27.12.2923) ein schon an manchen Punkten fast geschlossenes Bild unserer Thematik. Der Kanon der erfassten Waren wurde auf rund 165 - im wesentlichen um Grund- und Hilfsstoffe, aber auch um Alltagswaren - erweitert. Diese Erweiterung bedingte eine aufwendige Ergänzung unserer Altdaten. Nach Vereinheitlichung und Korrektur war dann eine schrittweise Freigabe möglich.

Das von Andreas Burmester 2021 konzipierte und von Fabian Gigler der Byway OG (Graz) 2021/22 auf der Basis von WordPress programmierte Webinterface läuft fast fehlerfrei. Es erlaubt die Generierung einzelner Listen (Taxen, Inventare oder Preiscourants) wie auch eine Übersicht zu einzelnen Waren. Praktische Hinweise zur Bedienung des Digitalen Malkastens sowie ein Glossar runden den Digitalen Malkasten als Werkzeug der Technischen Kunstgeschichte ab. Während der Bearbeitung fiel das Eine oder Andere auf: Aus einem Stapel Notizen erwuchsen so Randnotizen von Andreas Burmester zur Entwicklung und Bedeutung von Apothekentaxen und -inventaren. Sie liefern den kulturhistorischen und pharmaziegeschichtlichen Hintergrund, ohne den das Geschehen kaum zu verstehen wäre.